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Der verlorene Sohn
#7

Die Verwundungen von geschundenen Muskeln kannte Seamus aus persönlicher Erfahrung nur zu gut. Jede malträtierte Partie seines ehemaligen Prachtkörpers schrie in Phantomschmerz der eigenen Folter auf, als er die vertrauten Spuren an dem Halbelf sah. Vernachlässigung, wirre Experimente, weniger als ein Tier war er für diese dämonischen Elfen gewesen. Die strahlend blauen Augen des Schwarzen Barden loderten wie kleine Sönnchen, als der Anblick des offenkundigen Elends sich in grub.
So beäugte er auch die Sonnenelfen im Tempel etwas eingehender. Nicht offenkundig feindselig, aber er hatte sie im Auge. Sie waren der Hauptherd für die grassierenden Seuchen – im Verstand, nicht der Stimme. Erst als er sich sicher war, ließ er Elion dort in diesen findigen Händen.

Und so rannte er natürlich der Mutter nach. Er hatte damals viel versprochen im Vertrauen auf seine Gefährten. Dieses Vertrauen war keineswegs erschüttert, aber die Herausforderungen, die jeden mal weggeführt hatten, mal zerrissen in andere Aufgaben, hatten der Versicherung einen Jahre langen Dämpfer verpasst. Ein nagendes Gefühl des Versagens, selbst als sie den geschundenen Elion doch nicht tot vorgefunden hatten. Als Ny'ara endlich ihren verlorenen Sohn erblickte, hielt sich Seamus ein Stück im Hintergrund, wo er sich, entgegen alles Grandeur, doch meistens aufhielt. Es gab die Last, einen geliebten Menschen zu verlieren. Und die, einen geliebten Menschen gebrochen zu sehen. Schwer war zu sagen, was schwerer auf einem lastete.
Er ließ beiden ihren Augenblick – denn in Augenblicken entschied sich häufig das Geschick. Erst als er sich sicher war, dass Ny'ara bereit war, trat er ein Stück näher, legte eine Hand auf ihre Schulter. Ein heben der Mundwinkel. Nur leicht, aber getragen von jener Zuversicht, die er auch in ihren tränenden Augen erahnte. Es bedurfte nicht immer vieler Worte. Nur ein Nicken. Ein abermaliges Versprechen wie damals. Aber keines, welches Jahre auf sich warten lassen müsste. Schließlich war das Handelshaus immer geschäftig und Besuche in Elboria waren leicht eingefädelt.

Sohn und Mutter gab er ihren nötigen Freiraum, als er den Tempel der elfischen Götter verließ und sich eine wohlverdiente Fluppe ansteckte. Eifrig wuselten da die elfischen Wächter umher, die Lueith alarmiert hatte. Zeitweise ohne einen Führer, der ihm den Aufenthalt hier gestattete, schritt er durch die nächtlichen, wenn auch nie schlafenden Bezirke der Elfenstadt und besah sich die Bemühungen der Vallendar. Nicht aus der Ferne. Dieses von Kälte gezeichnete Haus musste auf den Kopf gestellt werden. Das Frösteln, dem er sowieso als Südgrenzer eher unterworfen war, kroch in seine Glieder. Es brauchte Wärme an diesem schrecklichen Ort.
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Nachrichten in diesem Thema
Der verlorene Sohn - von Durgarnkuld - 23.06.2021, 13:51
RE: Der verlorene Sohn - von Durgarnkuld - 23.06.2021, 13:58
RE: Der verlorene Sohn - von Nutmeg - 27.06.2021, 09:35
RE: Der verlorene Sohn - von Durgarnkuld - 02.09.2021, 00:59
RE: Der verlorene Sohn - von Lyraee - 02.09.2021, 08:29
RE: Der verlorene Sohn - von Nutmeg - 21.09.2021, 19:12
RE: Der verlorene Sohn - von Durgarnkuld - 22.09.2021, 13:18

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