05.11.2023, 14:19
Auf dem Weg zu den Toren musste der Neuankömmling die reichen Felder Valgards, die auf dem fruchtbaren Lande des einstigen Hohenbrunn liegen, passieren, wo sie zur späten Erntezeit Bauern im Schweiße ihres Angesichts die Früchte der Erde schöpfen sah. Auffallend waren recht viele Halborks, die mit großem Muskeleinsatz die letzte Feldarbeit verrichteten und auf großen Wagen ihre Ernte für den milden Winter in die Stadt luden.
Am Tore wurde jeder eingehend und streng geprüft. Ordnung herrschte in einem völligen Absolut beim Vorgehen der Wachen. Was wurde eingefahren? Name und Herkunft. Welchen Besuchzweck konnte man vorweisen? Nach längerem Procedere wurde man mit den anderen Lieferungen eingelassen in die wieder erstarkende Stadt.
Schäden der letzten Sturmfluten gab es noch ein paar, aber insgesamt hatte sich das Herzogtum gut erholt von dem Angriff der Seeräuberflotte. Auffallend waren natürlich die zahllosen Bilder des Herzogs, der einem schier omnipräsent in seiner Erhabenheit das Antlitz präsentierte. Gardisten sicherten an mehreren auffälligen Knotenpunkten Zugänge. Wie etwa zum Herzogshügel, wo scheinbar niemand ohne Ausweisung hinauf kam. Oder aber an mehreren Minen- und Höhlenzugängen, die gleichsam strengen Kontrollen unterlagen und wo ein Fremdling zweifellos zunächst kein Land sehen würde.
Während man so die Stadt erst einmal erkundete, mochte man sicherlich früher oder später in den nördlichen Teil des Ostufers kommen, wo die Docks gelegen waren und viele Fischer und Hafenarbeiter sich tummelten. Große Lieferungen an Holz wurden herbeigeschafft und neue Flaggschiffe für eine entstehende Valgarder Flotte formierten sich unter den schwieligen Händen der Arbeiterklasse. In der Ferne der Bucht konnte man noch die Reste eines großen Tieres erahnen, von wo kleine Fischerboote herkamen und darauf zusteuerten.
Ein Aufschrei ging hinter einer Häuserreihe um, wo sich eine Traube an Schaulustigen sammelte.
»Sehet, Bürger Valgards! Sehet den Abschaum, den Samen der Zersetzung, der seine Klammerarme noch immer versucht um den Nacken unserer jungen Nation zu schlingen!« erhebt sich donnernd die Stimme, leicht blechern, unter einem Gardistenhelm. Drei Ordnungshüter stehen einer Menge von Hafenleuten gegenüber. Zwei halten an den Armen und gewaltsam auf die Knie gepresst eine Frau mit fasrigem, grau-schwarzen Haar, das ihr ungewaschen ins Gesicht fiel, fest. Der Sprecher hebt anklagend eine Muschel empor, die von der Form her wie eine Art Blashorn gewunden ist. Die Stimmung der Menge ist gespannt, wie ein wütender Bienenkorb, der nur darauf wartet, auf einen tattrigen Bären loszugehen.
»Hat unser Volk nicht genug erduldet!« der Redeführer schreitet vor dem Pulk auf und ab, untermalt mit anklagenden Gesten zu der Frau. Zustimmende Rufe ertönen aus der Hafenarbeiterecke. Wut und Hass steht in ihren Augen. Zitternde Arme, weiße Fingerknöchel vor Anspannung ihrer geballten Fäuste.
»Die niederträchtigen Lakaien der Meerhexe kriechen selbst jetzt noch unter uns! Nicht mehr, sagt der Herzog! Nicht mehr länger dulden wir ihre Hexerei in unseren Reihen! Recht und Ordnung werden über ihr unsägliches Chaos triumphieren, wie der Schild Amdirs ihrem Würgegriff schon einst trotzte!«
Jubel und Schreie ertönen aus der Menge. Das Geifern nach »Gerechtigkeit« und Vergeltung.
Die geschundene Frau schaut angsterfüllt empor zu ihren Peinigern, zu der gesichtslosen Masse, der sie nur wenige Minuten zuvor noch selbst angehörte. Mit leisem Sirren löst sich die Richtklinge des Gardisten, als er das Henkersinstrument an ihren Nacken legt.
»Im Namen seiner Erhabenheit Laurence von Greifenfels werdet Ihr zum Tode verurteilt, Meerhexe!«
Ein Flehruf, fiebrig glänzende Augen, um irgendeinen Helfer in der Menge zu finden. Doch ihre Kehle verstummt in einem sprudelnden Gurgeln, als das Schwert bereits sauber in einem Streich Kopf von Körper trennt und die vermeintliche Umberlitin niedersackt. Johlen und Zurufe erschallen aus der Menge. Die Blutlust ist für den Moment gestillt.
Während all dem sitzt ein Rabe auf einem der Dächer und schaut dem Treiben zu. Und die neue Besucherin mag sich einen Moment äußerst beobachtet vorkommen, während das Federvieh sie insbesondere beäugt. Bevor sich eine genauere Untersuchung anschließen kann, flattert das Wesen aber bereits auf lautlosen Schwingen davon.
Die beiden Damen fanden sich also im Kaminzimmer der Schenke ein. Es gab häufig rotierende Gäste in Eyriks Taverne, aber im großen und ganzen konnten sie für sich in Ruhe ein Kennenlernen anstreben. Einzig zwei Dinge fielen womöglich einem wachsamen Auge auf. Zum einen ein gewaltiger Hüne, der vor einer Türe, die vermutlich in Kellerräumlichkeiten führte, wachte und die beiden fast mechanisch anstarrte. Gefühlt länger lag der Blick dabei auf der schwarz behaarten.
Zum anderen gab es ein weiteres Augenpaar, das sie beobachtete. Allerdings jenes am nächsten Fenster. Blutrote Augen, die aus einem schwarzegefiederten Vogelgesicht hineinspähten.
Am Tore wurde jeder eingehend und streng geprüft. Ordnung herrschte in einem völligen Absolut beim Vorgehen der Wachen. Was wurde eingefahren? Name und Herkunft. Welchen Besuchzweck konnte man vorweisen? Nach längerem Procedere wurde man mit den anderen Lieferungen eingelassen in die wieder erstarkende Stadt.
Schäden der letzten Sturmfluten gab es noch ein paar, aber insgesamt hatte sich das Herzogtum gut erholt von dem Angriff der Seeräuberflotte. Auffallend waren natürlich die zahllosen Bilder des Herzogs, der einem schier omnipräsent in seiner Erhabenheit das Antlitz präsentierte. Gardisten sicherten an mehreren auffälligen Knotenpunkten Zugänge. Wie etwa zum Herzogshügel, wo scheinbar niemand ohne Ausweisung hinauf kam. Oder aber an mehreren Minen- und Höhlenzugängen, die gleichsam strengen Kontrollen unterlagen und wo ein Fremdling zweifellos zunächst kein Land sehen würde.
Während man so die Stadt erst einmal erkundete, mochte man sicherlich früher oder später in den nördlichen Teil des Ostufers kommen, wo die Docks gelegen waren und viele Fischer und Hafenarbeiter sich tummelten. Große Lieferungen an Holz wurden herbeigeschafft und neue Flaggschiffe für eine entstehende Valgarder Flotte formierten sich unter den schwieligen Händen der Arbeiterklasse. In der Ferne der Bucht konnte man noch die Reste eines großen Tieres erahnen, von wo kleine Fischerboote herkamen und darauf zusteuerten.
Ein Aufschrei ging hinter einer Häuserreihe um, wo sich eine Traube an Schaulustigen sammelte.
»Sehet, Bürger Valgards! Sehet den Abschaum, den Samen der Zersetzung, der seine Klammerarme noch immer versucht um den Nacken unserer jungen Nation zu schlingen!« erhebt sich donnernd die Stimme, leicht blechern, unter einem Gardistenhelm. Drei Ordnungshüter stehen einer Menge von Hafenleuten gegenüber. Zwei halten an den Armen und gewaltsam auf die Knie gepresst eine Frau mit fasrigem, grau-schwarzen Haar, das ihr ungewaschen ins Gesicht fiel, fest. Der Sprecher hebt anklagend eine Muschel empor, die von der Form her wie eine Art Blashorn gewunden ist. Die Stimmung der Menge ist gespannt, wie ein wütender Bienenkorb, der nur darauf wartet, auf einen tattrigen Bären loszugehen.
»Hat unser Volk nicht genug erduldet!« der Redeführer schreitet vor dem Pulk auf und ab, untermalt mit anklagenden Gesten zu der Frau. Zustimmende Rufe ertönen aus der Hafenarbeiterecke. Wut und Hass steht in ihren Augen. Zitternde Arme, weiße Fingerknöchel vor Anspannung ihrer geballten Fäuste.
»Die niederträchtigen Lakaien der Meerhexe kriechen selbst jetzt noch unter uns! Nicht mehr, sagt der Herzog! Nicht mehr länger dulden wir ihre Hexerei in unseren Reihen! Recht und Ordnung werden über ihr unsägliches Chaos triumphieren, wie der Schild Amdirs ihrem Würgegriff schon einst trotzte!«
Jubel und Schreie ertönen aus der Menge. Das Geifern nach »Gerechtigkeit« und Vergeltung.
Die geschundene Frau schaut angsterfüllt empor zu ihren Peinigern, zu der gesichtslosen Masse, der sie nur wenige Minuten zuvor noch selbst angehörte. Mit leisem Sirren löst sich die Richtklinge des Gardisten, als er das Henkersinstrument an ihren Nacken legt.
»Im Namen seiner Erhabenheit Laurence von Greifenfels werdet Ihr zum Tode verurteilt, Meerhexe!«
Ein Flehruf, fiebrig glänzende Augen, um irgendeinen Helfer in der Menge zu finden. Doch ihre Kehle verstummt in einem sprudelnden Gurgeln, als das Schwert bereits sauber in einem Streich Kopf von Körper trennt und die vermeintliche Umberlitin niedersackt. Johlen und Zurufe erschallen aus der Menge. Die Blutlust ist für den Moment gestillt.
Während all dem sitzt ein Rabe auf einem der Dächer und schaut dem Treiben zu. Und die neue Besucherin mag sich einen Moment äußerst beobachtet vorkommen, während das Federvieh sie insbesondere beäugt. Bevor sich eine genauere Untersuchung anschließen kann, flattert das Wesen aber bereits auf lautlosen Schwingen davon.
Die beiden Damen fanden sich also im Kaminzimmer der Schenke ein. Es gab häufig rotierende Gäste in Eyriks Taverne, aber im großen und ganzen konnten sie für sich in Ruhe ein Kennenlernen anstreben. Einzig zwei Dinge fielen womöglich einem wachsamen Auge auf. Zum einen ein gewaltiger Hüne, der vor einer Türe, die vermutlich in Kellerräumlichkeiten führte, wachte und die beiden fast mechanisch anstarrte. Gefühlt länger lag der Blick dabei auf der schwarz behaarten.
Zum anderen gab es ein weiteres Augenpaar, das sie beobachtete. Allerdings jenes am nächsten Fenster. Blutrote Augen, die aus einem schwarzegefiederten Vogelgesicht hineinspähten.