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Stadtbummel
#11

Die Gruppe aus Fischern war bunt wie die See, aber einheitlich in ihrem Murren, Unmut. Und die Stimmen derer, die das den Naturburschen zuschrieb, wurden mehr und lauter. Der Frust wirkte real und greifbar. Hier standen einige vor dem Aus einer gesicherten Existenz.
Eigentümlicherweise betraf es offenkundig keine anderen Tiere. Zugegeben waren einige Vögel, die eben von Fisch sich ernährten, weniger zu sichten – aber andere waren unbeeindruckt im Kreisen über die junge Stadt. Ebenso wirkten Nutztiere nicht sonderlich angetastet.
Einzig und allein die Fische waren wie vom Erdboden verschluckt.
Der Zunft war dem Volksmund nach natürlich alles mögliche zu zu trauen. Die waren immerhin Arkanisten! Auch wenn man einräumen musste, dass bisher keine fehlgeschlagenen Experimente die Hallen wohl je verlassen hatten. Oder keiner mehr lebte, um davon zu berichten.

Das Buch sah ihrer Einschätzung nach hochwertig aus und alt. Uralt! Ein wahres Relikt? Ein glücklicher Fund inmitten des Tand oder Makaberen?
Die seltsame Kreatur winkte ihr auffordernd zu mit schlackernden Handgelenken.
Die Schrift war keine sonderlich geläufige. Sofern sich Josephine besser auskannte, wären ihr womöglich die Infernalen Symbole ein Begriff. Die Sprache war in Cormyr auch nicht vertreten. Der Tayische Dialekt des Mulhorandi, wofür sie ohne genauere Kenntnisse wohl einen Fachmann oder -frau brauchte, um das einzustufen.
Das Autogramm wirkte ebenso absolut authentisch. Wie von einer knöchernen Hand geschrieben. Sicher ein rares Stück aus den Lebzeiten des Velsharoon!
Tausend Goldgeier!
Quiekerte mit unkoordinierten Flatterbewegungen der Fressluke das Wesen.
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#12

Joséphine erkundigte sich noch, wo die Umberlee-Priesterinnen zu finden waren. Vielleicht hatten die noch eine andere Idee, was die Fische vertreibt. Oder eine göttliche Eingebung. Vielleicht waren die auch die Ursache.

***

Die Augen leuchteten auf, bei dem Fund von so einem raren Unikat. Sie überlegte schon, was sie verkaufen konnte, um das Gold dafür zusammen zu kriegen. Ein Arm und ein Bein? Ihre Seele? In der Unterstadt fand sich bestimmt für alles ein Käufer.

Aber dann schien es ihr wohl doch zu gut um wahr zu sein. In einem unterm Atem gehauchten Selbstgespräch diskutierte sie ihre Zweifel durch. Velsharoon war noch gar nicht so lange eine gottgleiche Macht. Es war vielleicht sogar während ihrer Schulzeit gewesen, als Erzählungen und Gerüchte über den Aufstieg des Thayers in Exil die Runde machten.
Es schien unwahrscheinlich, dass es bereits uralte Bücher über den "Fürsten der verlassenen Gruft" gab. So authentisch das Machwerk für ihren geschulten, fachmännischen und unbetrüglichen Blick auch war, ließ sie sich davon nicht übers Ohr hauen.

"50 Gold, und das auch nur für die Aufmachung.", meinte sie dreist in einem kurzen Anflug von Selbstvertrauen.

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#13

Die Umberlee Priesterinnen Valgards hatten einen kleinen Tempel an den Gestaden, gar nicht unweit von Pepes Ausschank.

Der Verkäufer wirkte verstimmt, als Josephine so niedrig ansetzte. Womöglich hatten ihre leuchtenden Augen zu Beginn ihm doch anderes in Aussicht gestellt. Nervös flatterten die Arme wie von Fäden gezogen hin und her. Schlacker, schlacker.
Nnnneeeeh quickerte das Frankensteinchen. Unmöglich, unmöglich! Gutes Buch! Mindestens … 500!
Auch wenn auf der Stirn keinerlei Schweiß zu sehen war, wischte es mit seinen Händen darüber. Oder eher fingerte es mit beiden steifen Händen im Gesicht herum, was nach einer Weile eher nach Nasenbohren aussah.
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#14

Joséphine suchte den Tempel auf, mit ein paar klimpernden Münzen in der Tasche, die sofort auf dem Gabenteller landeten. Keine Reichtümer, nur ein symbolischer Obolus, die herrschsüchtigen Götter liebten es, wenn man ihre Diener mit Gold bewarf. Dann stellte sie dort die gleichen Fragen wie bei den Fischern und schaute, ob sie die gleichen Antworten bekam oder ob sie überhaupt welche erhielt.

***

Ein sofortiger Preisnachlass von 50% bekräftigte Jo in ihrer Auffassung.
"100 Gold, und damit haut ihr mich bestimmt schon übers Ohr."
Ihr letztes Angebot, danach würde sie weiterziehen und woanders ein paar billigere Bücher abgreifen.

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#15

Der Tempel war eine kleine Grotte, die sich an den Hafen-Gestaden fand. Josephine begegnete dort bereits einer Schar von Seefahrern, die wie eine Flutwelle hereinströmte, um Opfergaben, merklich mehr verzweifelt dieser Tage, zu übergeben, um Umberlees Zorn zu lindern.
Viele führten Ziegen, Schafe oder andere Kleintiere an Stricken herein. Drinnen roch es wie nicht anders zu erwarten nach Salz, Seetang, Fisch (frischem).
Ihre klimpernden Münzen, von denen es nicht zu wenige gab, die in die Opferschalen fielen, wurden aufgenommen. Später würde an selbiger Stelle nur Seetang und Krabben mit salzigem Meerwasser zurückbleiben. Umberlee hatte die Spende sich einverleibt, wie sich die See alles früher oder später holte.
Empfangen wurde die Schlossertochter von der Wutwelle Falfara. In der zeremoniellen Tracht der Umberliten, körperbetonte Ganzkörpernetzstrümpfe in Blau, gepaart mit einem wallenden, Türkisen Mantel, dessen Saum und Kragen weißes Fell (vielleicht eines Polarbären?) ausstaffiert war, empfing die Frau mittleren Alters, die ihr welliges, lockiges Haar grün gefärbt hatte, die Gläubigen, die Bittenden und Suchenden. Ihre blauen Augen ergötzten sich offenkundig an der Ehrfurcht der Menschen, die zu ihrer Göttin pilgerten, um Beistand erflehten oder zumindest ihren Zorn abwenden wollten. Ja, Falfara war in ihrem Element. Bleich wie eine Wasserleiche sprach sie für die Lebendopfer am meisten Segnung zu. Eine echte Skeletthand baumelte wie ein Talisman von ihrem Halse. Der verzweifelte Griff eines Seefahrers vor dem Ertrinken. Unerhört.
Josephines Fragen fanden hier gewisse Bestätigung.
Jemand in Valgard hat den Zorn der Furienkönigin erregt, Kind! Wir hören ihr Zischen und Schäumen mit jeder aufpeitschenden Welle. Umberlee verärgern bedeutet, die See gegen sich zu wissen. Unsere Schwestern im Hauptsitz von Umberlees Gunst verkünden ihren Zorn und wir lauschen ihr. Wehe denen, die Umberlee und ihre Erwählten erzürnen, denn der See mag niemand trotzen! Fleht und zollt Umberlee den ihr gebührenden Respekt, sonst wird Valgard weggeschwemmt wie die Auen von ihrem Zorn zerrissen wurden!
Trotz des predigthaften Tonfalls und der gebietenden Gottesfurcht war der Eindruck, dass es die Priesterin ehrlich meinte. Oder sie zumindest selbst von dieser Version überzeugt war.

An den eindeutig eingenähten Haaren auf dem Schopf, wurde herumgezogen, die teilweise in Büscheln dabei auch herabfielen.
Haben Familie! Räuber! Diebin! Nicht weniger als … 250! Schon Diebstahl, ja, ja! Kein besseres Buch zu finden.
In einer bemüht selbstsicheren Haltung, wo die Brust rausgestreckt wurde und ein ungesund anmutendes Hohlkreuz sich abzeichnete, baute sich das zusammengenähte Frankensteinchen auf.
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